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IM LAND DES DONNERDRACHENS - Bhutan

In Bhutan fährt man tausende von Kurven und erlebt ein Land, das so wenig von aussen beeinflusst ist, wie wohl kein anderes. Zwischen China und Indien liegend, hat sich das Königreich des Donnerdrachens lange vor der restlichen Welt versteckt und Touristen erst seit 1974 einreisen lassen. Eine Reise in ein mystisches Land in dem Glück mehr zählt als Geld. 

Text: Dylan Wickrama mit Martina Zürcher  Bild: Dylan Wickrama

Ich kann meinen Blick nicht abwenden! Von den Bergspitzen, die unter und neben uns vorbeiziehen. Erhaben sitzt der Mount Everest, in weiss gekleidet, zwischen seinen kleineren Kumpanen. Lhotse, Makalu und wie sie alle heissen. Die Himalaya Bergkette von oben zu sehen ist wahnsinnig schön und hat etwas Magisches.

Wenig später folgt ein präziser Sinkflug zwischen die Bergflanken. Entlang des Paro Tals, welches sich wie der Fluss, der jetzt unter uns rauscht und der sich einst seinen Weg zwischen die Felsen gefressen hat, den Bergen entlang windet. Dann fliegen wir um eine Rechtskurve Paro an, dabei scheinen die Flügel des Airbus die Berge links und rechts zu berühren. Ein paar Minuten später rumpeln wir über die Landebahn, vorbei an traditionellen Häusern, die nur einen Steinwurf von der Landebahn weg stehen. „Welcome to Bhutan International Airport“ Das kleine Land sorgt von Anfang an für Spektakel! 

Der Flughafen ist übersichtlich und die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt. Dann werde ich von Tandin, meinem Reisebegleiter, der Betelnüsse kauend auf mich wartet, herzlich empfangen. Auf dem Weg in die Stadt fahren wir vorbei am erhabenen Paro Dzong, einer für das Land typischen Klosterburgen, und mir fällt die traditionelle Bauweise aller Gebäude auf: Jedes Haus hat reich verzierte, hölzerne Dach-, Fenster- und Türbalken und wirkt als stünde es schon hunderte von Jahre hier. Sogar im kleinen, jedoch geschäftigen Stadtzentrum von Paro sind die Häuser traditionell. Die Eindrücke kollidieren mit denen aus Kathmandu, von wo aus ich erst vor drei Stunden abgeflogen war.Die Stadt ist riesig und es wird wild durcheinander gebaut, das Traditionelle oft ohne Skrupel abgerissen und modernisiert.Die Bhutaner scheinen besonnener. Dies nicht ganz ohne Grund: Ihr Königreich ist mit mit seinen 38’394km2 kleiner als die Schweiz und liegt nicht nur zwischen den höchsten Bergen der Welt, sondern auch zwischen den Supermächten China und Indien eingebettet, die gemeinsam um die 3 Milliarden Einwohner haben. „Ein geopolitischer Alptraum“ sagt Tandin und denkt dabei an die einst unabhängigen Nachbarn Sikkim oder Tibet. Daher tue Bhutan mit seinen knapp 800'000 Bewohner gut daran, seine Kultur aktiv zu erhalten, ist er überzeugt.


All Inklusiv

Ich verbringe die erste Nacht in einem schicken Hotel und merke bald, dass dies hier Standard ist. Heute ist es jenes eindrückliche Holzgebäude, welches 1974 als erstes Hotel des Landes gebaut wurde. Damals wurden zur Krönung des vierten Monarchen, die ersten 287 Ausländer ins Land gelassen und somit das erste Hotel Bhutans gebaut. Seither hat sich das Land der modernen Welt nur langsam geöffnet. Das Fernsehen wurde zum Beispiel in Bhutan erst 1999 eingeführt und somit hat sich das Königreich des Donnerdrachens als letztes Land der Welt vor die Glotze gesetzt. Ich bin von der Einzigartigkeit, die mir überall entgegenkommt fasziniert, gleichzeitig aber auch etwas skeptisch.

Sich als Reisender in Bhutan aufzuhalten, kostet pro Tag mindestens 250 US-Dollar. Die auf den ersten Blick hohen Kosten enthalten den Lohn für den lokalen Reiseleiter, ohne den es nicht möglich ist das Land zu bereisen, das Begleitfahrzeug, sämtliche Mahlzeiten und Hotelübernachtungen (mind. in 3 Sterne Hotels), sowie alle Eintritte in Tempel, Museen und Nationalparks. In meinem Fall kommen für die Motorradmiete und das Benzin pro Tag zusätzliche Kosten hinzu. 

Ich frage mich, wie es wäre, wenn jedes Land so viel pro Tag verlangen würde? Was ist hier so speziell, dass dieser Preis gerechtfertigt ist? Was bekommt man als Reisender für dieses Geld wirklich geboten? Wozu verwendet die Regierung diese Einnahmen? Und warum darf ich nicht alleine herumreisen? Fragen, auf die ich in den nächsten Wochen eine Antwort bekommen werde. Jetzt aber freue ich mich erst mal auf 10 Tage Motorradfahren und schlafe erschöpft von der langen Anreise schnell ein.

Vergangenheit und Zukunft sind heute

Meine letzte Enfield fuhr ich vor 20 Jahren. Ich kaufte das Ding in Chennai und fuhr damit während mehreren Monaten quer durch Indien. Die neuen Royal Enfield Bullets, die nun vor uns stehen, sind etwas moderner. Früher wurde mit dem linken Fuss gebremst und mit dem rechten geschaltet. Die Bullet mit der ich jetzt unterwegs bin, ist im Gegensatz dazu so zu fahren wie jedes andere Motorrad auch. Und eben doch auch nicht. Das Geräusch, welches die Maschinen machen, sobald wir den Schlüssel in der Zündung drehen, klingt nach Nostalgie und bringt mich zum Lächeln. „Toll nicht?“ pflichtet little Tandinmeiner Begeisterung bei und setzt sich den Helm auf. Tandin ist, wie fast jeder Name in Bhutan, ein so häufiger Name, dass mein Motorradbegleiter und Angestellter des Reiseleiters, des grossen Tandins, der Einfachheit halber von allen little Tandingenannt wird. Sowieso kennt man in Dzongkha, der Landessprache nur rund 50 Namen. Bereits da zeigt sich mir zum ersten Mal, wie wichtig Traditionen den Menschen hier sind. 

 

Die Sonne scheint und wir verlassen die Hauptstadt Thimphu,  wo uns die Motorräder ausgehändigt wurden, auf der Hauptstrasse in Richtung Osten. Noch sind die Strassen geteert und in gutem Zustand. Rechts und links türmen sich Berge auf und auch wir steigen Kurve um Kurve höher. Die 500 CC Maschinen machen locker mit und bald habe ich mich auch an die Gangschaltung der Bullet gewohnt. Die Motoren dröhnen lieblich in meinen Ohren, am Strassenrand stehen Föhren und Kiefer Spalier und die kurvenreiche Strasse macht grossen Spass. Bloss eine Stunde später haben wir den 3'125 Meter hohen Dochu-La erreicht. Der erste Pass ist geschafft. Wir sind relativ früh dran und so ist die Fernsicht noch klar. Die beiden Tandins zeigen auf die Siebentausender, deren schneebedeckte Gipfel in der Ferne glänzen. Überall flattern buddhistische Gebetsfahnen im Wind und wie auf einem riesigen Verkehrskreisel stehen in der Mitte 108 Stupas. Buddhismus, so wird schnell klar, ist in Bhutan nicht nur eine Religion. Es ist eine Lebensweise und überall präsent. 

 

Hinter dem Pass wird der Verkehr merklich ruhiger. Unten im Tal angekommen, geht es dem Fluss entlang. Flüsse prägen, nebst Berg und Wald, das Landschaftsbild Bhutans am meisten. Sie entspringen den Gletschern im Norden des Landes und sind glasklar. Wie ein türkisfarbenes Band zieht sich Puna Tsang Chu mal wild, mal ruhig durchs Tal. 

Hier besuchen wird laut den beiden Tandins das schönste und älteste Kloster des Landes. Der Dzong von Punakha zählt zu den Wichtigsten des Landes Neben ein paar Reisenden besuchen überwiegend in Trachten gekleidete Frauen und Männer, die Tempelanlage.

Die hohen weissen Mauern leuchten im Sonnenlicht und wie wir über die breite Türschwelle am Eingang treten, landen wir scheinbar in der Vergangenheit. Die Mönche leben hier nach den gleichen Ritualen wie im 17. Jahrhundert, als die Klosteranlage entstand. Aus dem Tempel dringen einlullende Mantras, die immer wieder vom Klang der Muschelhörner und Getrommel unterbrochen werden. Butterlampen flackern vor beeindruckenden Gottesbildern und die Mönche singen sich mit dem Oberkörper wiegend scheinbar in eine Art Trancezustand. Tritt man aus dem Tempelraum in den Innenhof der mächtigen Anlage, weicht der religiöse Ernst der Mönche einer Unbeschwertheit. Sie albern miteinander herum und hie und da fliegt ein Gewandzipfel durch die Luft, wenn ein Novize vor dem anderen im Spiel davonrennt. 

Wer genau hinschaut, erkennt, dass die meist jungen Mönche unter den traditionellen roten Roben Sneakers und ein Mobiltelefon tragen. Die Bhutaner scheinen Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig zu leben. „Wenn wir unsere Traditionen nicht schützen, verlieren wir unsere Identität,“ beantwortet Tandin meine Frage nach dem Einfluss aus dem Westen, der mit der Verbreitung des mobilen Internets schneller voranschreitet als je zuvor. Daher sei das Land sehr darauf bedacht Traditionen aktiv aufrecht zu halten. „Natürlich weiss die jüngere Generation mehr über das Leben ausserhalb Bhutans. Aber was uns ausmacht, ist die Art und Weise wie Bhutan Entwicklungen annimmt und sie mit den traditionellen Werten zu einer neuen Tradition verschmilzt, ohne seine Vergangenheit zu vergessen.“ 

Ich weiss sofort was Tandin meint. Was passiert, wenn Entwicklungsländer nur nach vorne schauen, ohne sich ihrer eigenen Werte wirklich bewusst zu sein, sah und sehe ich immer wieder in Sri Lanka, meiner alten Heimat. Alte Traditionen haben keinen Platz mehr. Ein Punkt mehr, warum ich den „kulturellen Protektionismus“ des kleinen Königreiches langsam zu verstehen beginne. 


Demokratie wider Willen

Bevor es am nächsten Tag weiter in Richtung Osten geht, erkundigen wir das Gaza Tal. Die Reisefelder sind jetzt im Dezember braun, weil die Ernte im Herbst eingeholt worden ist, aber der Himmel ist klar und das Wetter trocken. Wir kommen nur langsam vorwärts, die Enfields rumpeln durch Schlaglöcher und wir müssen immer wieder wegen Maultieren, die auf der Strasse herumlümmeln abbremsen. Aber die Aussichten sind so atemberaubend, dass das langsame Tempo keine Rolle spielt. Wir befinden uns im Gebiet des grössten Nationalpark Bhutans. In den Wäldern sollen noch Tiger, rote Pandas und weiter oben auf den Bergspitzen sogar Schneeleoparden herumstreifen. Alle ökonomischen Interessen werden in Bhutan dem Naturschutz untergeordnet; so stehen 42% des Landes unter Schutz und es wird streng darauf geachtet, dass 72% des Landes von Wald bedeckt sind. Der vierte König habe diese Regeln eingeführt, erzählt Tandin beim Lunch. Die endlos scheinenden Wälder, die sich über die Berghänge entlang der Strasse ziehen, absorbieren sogar dreimal mehr Schadstoffe, als das Land produziert. Somit bleibt Bhutan das einzige Kohlendioxid negative Land der Welt.

Tandin deutet auf das Bild des aktuellen 5. Königs, Jigme Khesar Namgyel Wangchuck,welches im kleinen Restaurant an der Wand hängt und fährt fort: „Ich bin mit ihm zur Schule gegangen. Er erhielt immer die gleichen Aufgaben und Tests wir wir anderen auch.“ Tandin ging nicht nur mit dem zukünftigen König in die gleiche Klasse, er war sogar einer der vier klügsten Schüler, die immer um den Prinzen herum sein mussten. „Neulich traf ich den König per Zufall in einem Hotel und er hat mich tatsächlich noch erkannt!“

„Und wie ist er so?“ frage ich und erhalten eine Antwort, die mir wohl fast jede und jeder hier geben würde: „Er war ein intelligenter Student und ist heute ein dynamischer König, den wir alle verehren.“ Auch der erst 20-jährige little Tandin nickt und sagt: „Unser König hat eine wunderbare Ausstrahlung. Seine Aura ist sehr schön.“ Wenn die Engländer die Queen verehren, dann vergöttern die Menschen Bhutans ihre Königsfamilie voller Ehrfurcht. Jigme Khesar Namgyel Wangchuckund sein Vater sind durchaus besondere Männer. Bei seinem Amtsantritt 2006 übernahm der aktuelle 5. König von seinem Vater nicht nur das Amt, sondern auch die vom Vater diktierte Auflage die Monarchie abzuschaffen und, notta bene, gegen den Willen des Volkes die Demokratie eingeführt. Aber wenn der König befielt, man müsse ab jetzt wählen gehen, so wir dies gemacht. Heute ist die Demokratie 10 Jahre jung und würde wohl in einer demokratischen Abstimmung vom Volk selbst wieder abgeschafft werden. „Wir hätten immer noch lieber den König,“ sagen meine Reisebegleiter unisono und sprechen damit für eine Mehrheit der Bevölkerung. 


Einladung zum Buttertee

Es ist mein vierter Tag in Bhutan. Umso weiter gegen Osten wir fahren, umso weniger andere Reisende treffen wir, den nur ein Bruchteil der Besucher nehmen sich die Zeit so weit zu fahren. In einer Art Ebene, wo das Tal für einmal etwas breiter ist und Chilifelder sich entlang des Flusses reihen, drehe ich und fahre ein Stück zurück, um ein Foto zu schiessen. Ein Mann der zu Fuss unterwegs ist, beginnt mit mir zu Sprechen. Ein paar Kinder gesellen sich dazu und wir kommen einfach ins Gespräch, da alle ein wenig Englisch sprechen. Nach einer Weile verabschiede ich mich und will losfahren. Ich steige auf und ziehe Helm und Handschuhe (es ist empfindlich frisch) an. Als ich das Motorrad starte, fühlt es sich ungewohnt an. „Warum ist die Maschine plötzlich so schwerfällig?“, frage ich mich und sehe dann im Rückspiegel das verschmitzte Grinsen des Mannes aufblitzen, mit dem ich eben gesprochen habe. Wir verfallen beide in schallendes Gelächter über seine Zuversicht, dass der Fremde ihn schon nach Hause fahren werde. Ich erkläre ihm, dass ich leider in andere Richtung unterwegs bin. Als er laut lachend wieder abgestiegen ist und ich winkend davongefahren bin, überlege ich es mir doch anders. Ich informiere meine beiden Tandins und wir fahren zurück, um dem Mann mit- und seine Einladung zum Tee anzunehmen. Dank den beiden Männern, die mich begleiten, erhalte ich beim Besuch von Sonams Haus viele Einblicke ins Leben der einfachen Leute. 

Jedes bhutanische Haus besteht aus drei Stockwerken. Unten ist der Stall, in der Mitte sind die eigentlichen Wohnräume und im obersten Stock werden Vorräte aufbewahrt. Wobei hier einige Vorräte auch direkt über den Herdplatten baumeln. Ein paar geräucherte Ziegenbeine hängen von der Diele herunter. An der Küchenwand stecken metallene Schöpfkellen mit verzierten Stielen. Im Ofen flackert ein Feuer, die Teekanne, ausgebeult aber glücklich, bringt in ihrem Bauch das Wasser für den Buttertee langsam zum Kochen. Würde da nicht noch der Stabmixer im Regal stehen und ein kleines Radio zwischen den Holzbalken eingeklemmt sein, ich würde wieder glauben mich in der Vergangenheit zu befinden. Wie auch im Kloster verschmelzen hier Vergangenheit und Zukunft zu einem. Als ich beim Verlassen des Hauses den dicken Vorhang beiseiteschiebe, sehe ich am Türknopf ein schon fast antik erscheinendes Vorhängeschloss. „Wie alt ist das Schloss?“ frage ich Sonam. Er zuckt die Schultern. „So alt wie das Haus.“ „Und wie alt ist das Haus?“ Er zuckt nochmals mit dem Schultern. „Ich weiss es nicht, es stand schon immer da.“ Es scheint fast als würden die Menschen hier den Lauf der Zeit nicht so ernst nehmen wie in der restlichen Welt.


Glaube oder Aberglaube?

Schnell sind Tandin und little Tandin zu meinen Freunden geworden und in den Gesprächen mit ihnen wird mir klar: Sie sind nicht etwa wie die Reisebegleiter in China, die äusserste Spitze eines Überwachungsstaates. Nein, sie sind offizielle Gastgeber ihres besonderen Landes, sie übersetzen mehr als nur die Sprache. Sie sind Wissensvermittler und Geschichtenerzähler. „Dieser behaarte Penis, den du an fast allen Häusern angemalt siehst,“ beginnt die Geschichte heute, „er ist ein Symbol für Fruchtbarkeit und hält das Böse fern.“ Begründer der zahlreichen Phallussymbole ist Drugpa Kynley, bekannt als der Heilige Narr, der den Menschen in Bhutan im 15. Jahrhundert lernte, dass Spiritualität und Lust keine Gegensätze sind und dies besser sei, als die Doppelmoral der Religion. In jeglichen Geschichten, die vom tibetischen Mönch erzählen, geht es um Sex und Alkohol. Mit seinem Penis soll er einst sogar einen Dämon in die Flucht geschlagen haben und so ist seither das Phallussymbol zu einem der wichtigsten Sinnbilder der kleinen Nation geworden. Zwischen Aberglaube und Glaube wird in Bhutan eine dünne Linie gezogen. Die Ernsthaftigkeit mit der Tandin die Geschichte des omnipräsenten männlichen Gliedes erzählt, deutet darauf hin, dass auch er an die Schutzkraft des Bildnisses glaubt.

Andere Gedanken, wie das Menschen durch ein Unglück zu Aussätzigen werden und man nichts mehr von ihnen annehmen darf, sind hingegen schwieriger. Da kann es durchaus vorkommen, dass sich der in Oxford studierte König dem Problem persönlich annimmt. Eine alte Frau wurde von ihrer Dorfgemeinschaft ausgeschlossen, weil sie zur Giftigen, einer Hexe, erklärt worden war. Wer sie berührt oder etwas in ihrem Haus isst, wird sterben, glaubte das gesamte Dorf und zum Schluss auch sie selbst. Als der König von der Geschichte erfuhr, machte er sich auf ins Dorf, setzte sich in die Küche der Frau und befahl ihr, ihm etwas zu Essen zu servieren. Er ass Eier und trank Alkohol, laut Legende die zwei giftigsten Dinge überhaupt, und sagte zur Frau: “Dein Speis und Trank tötet niemanden. Sollte je wieder jemand zu dir so was sagen, antworte ihnen der König höchst persönlich hätte in deinem Haus gegessen.“ Was wie ein Märchen klingt, ist in Bhutan Realität. „That’s how our King is!,“ sagen sie und beginnen bereits mit der nächsten Geschichte. Die Hochachtung fürs Königshaus, das scheinbar so vieles richtigmacht, steckt langsam auch mich an. 


Im Land des Glücks

Bereits vor meiner Reise nach Bhutan hatte ich gehört, dass im kleinen Land das Bruttosozialglück mehr zählt als das Bruttosozialprodukt. Damit soll ein Geleichgewicht zwischen materiellem Fortschritt und spirituellem Wohlergehen geschaffen werden. Anstatt nur das Vermögen zu messen, wird in Bhutan auch darauf geachtet wie sich die Menschen fühlen. Sind die Bhutaner also tatsächlich glücklicher als wir alle anderen? Schwierig zu sagen. Denn ein Paradies ist auch Bhutan nicht. Das Land macht vieles richtig, zählt aber trotzdem zu einem der ärmsten Ländern Asiens. Immer noch lebt mehr als ein Drittel der Menschen in Armut. Noch haben ein Drittel der Haushalte keinen Strom und es gibt auch hier Korruption, Drogen und Kriminalität. Aber was vielleicht einen grossen Teil des persönlichen Glücks der Menschen hier ausmacht, ist die starke Identität mit ihrer Kultur. Jede und jeder, dem ich begegne, ist glücklich in Bhutan zu leben. Jedem ist die Natur wichtig und Bildung scheint bis ins hinterste Tal zu reichen. Ein Junge irgendwo in einem kleinen Dorf spricht in perfektem Englisch mit mir, seine Mutter ist eine einfache Strassenarbeiterin, der er, als wir die beiden Treffen, gerade dabei hilft den Strassengraben von Schlamm zu befreien.

Ich war auf dieser Reise immer wieder beeindruckt vom kleinen Königreich, welches kaum Industrie hat und den Naturschutz als oberste Priorität betrachtet. Nach 10 Tagen, die täglich mindestens 250 Dollar kosten, verstehe ich warum der Tourismus durch die hohen Kosten begrenzt wird und wie ein Teil des Geldes direkt für die nachhaltige Entwicklung des Landes verwendet wird. Es gibt keine hässlichen Hotelüberbauungen aus Betonbunker, es gibt keine Fastfood-Ketten, keine hunderte von Reiseanbieter, die sich gegenseitig die Preise nach unten drücken. Es gibt ihn hier bewusst nicht, den Massentourismus, den die Welt der Bhutaner mit seinen ganz eigenen Werten überrennen würde. 

Tandin sagte einmal zu mir: „Wir obligatorischen Reisbegleiter sind da, um Euch unsere Kultur zu zeigen und zu vermitteln warum Bhutan, das übrigens nie kolonialisiert war, so anders ist. Ich hoffe, wir machen unsere Arbeit gut.“ Ja, Tandin und little Tandin, das macht ihr. Sehr sogar. 

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